Die
glückliche Witwe
Hinter
Pizza Hut und Brezel Bub', da wo die Wohlgerüche am intensivsten
sind, finde ich das Styling-Center des Bahnhofs: die Damentoilette.
Mich empfängt
ein kleiner Kiosk mit Drogerieartikeln überschrieben: "Toiletten-Hygiene-Service",
Hans Heeg jr., durchgehend geöffnet". Ich betrete die Damentoilette
und stehe vor einem Drehkreuz, an dem ich aufgefordert werde, 1
DM einzuwerfen, dann einzutreten. Das eigentlich Spannende an dieser
Damentoilette aber ist der ordentliche, saubere und hellerleuchtete
Waschraum mit den Granitwaschbecken und den großen Spiegelwänden.
Hier treffen sich Frauen unterschiedlichster Nationalität, verschiedener
Alterstufen und Gruppen. Arme und Reiche, Junge und Alte, Reisende
und Hausfrauen auf ihrem Vormittagseinkauf treffen sich hier, um
sich noch einmal schnell zurecht zu machen, bevor sie wieder in
die Alltagswelt zurückkehren.
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Neben mir drapiert
eine schwarze Muslimin ihren Schleier neu. Eine hochgewachsene dunkelhaarige
Frau legt kunstvoll eine Haarsträhne wieder zurecht. Eine andere
starkgeschminkte Frau mit Modellfigur toupiert ihre Haare. An der
anderen Ecke blitzen schwarze Fingernägel einer jungen Frau auf,
die sich liebevoll die Hände abtrocknet. Eine Frau mit Kind hastet
herein und verhandelt über den Preis für die Toilettenbenutzung.
Eine ältere Frau hat anscheinend nur hereingeschaut, um mit der
Toilettenfrau einen Plausch zu halten. Sie gibt kund, dass sich
für sie als alleinstehende Frau keine eigene Waschmaschine lohne,
sie sei schließlich seit fünf Jahren "eine glückliche Witwe".
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